Ein wenig Geschichte

Der Petershof – Denkmal des Monats im Juni 2013

Zwei Jahre bevor der Petershof mit der überstürzten Schließung der Kita 2015 endgültig seine Tore schloss und dem Verfall preisgegeben wurde, hatte der Rheinische Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz (RDVL) im Juni 2013 den Petershof zum „Denkmal des Monats“ gekürt. In der Pressemitteilung des RDVL (PDF) und in ihrem am 18. Juni 2013 vor dem Petershof gehaltenen Vortrag (Manuskript als PDF) beschreibt die Kunsthistorikerin Anja Schmid-Engbrodt ausführlich die Geschichte des Petershofs und seine architektonischen Besonderheiten. Sie verweist auf die Vorschläge von Studierenden des Masterstudiengangs Architektur an der FH Köln, die sich 2011/2012 nach einer Anfrage des Bürgervereins Müngersdorf e.V. über eine neue Nutzung des Hofs unter Erhaltung des ursprünglichen Hofcharakters Gedanken gemacht hatte. Doch trotz dieser vielfältigen Bemühungen um den Erhalt und die Nutzung eines Denkmals sollte es noch weitere sechs Jahre dauern, bis die Stadt Köln das Stadtentwicklungsbüro Luchterhandt aus Hamburg damit beauftragte, zusammen mit der Bürgerschaft in Müngersdorf eine „Ideenschmiede“ zur Neubelebung des Petershofs durchzuführen. Aus den vielfältigen Ideen entwickelte Luchterhand zwei Konzepte, eines mit Schwerpunkt „Wohnen“, eines mit Schwerpunkt „Arbeit“. Das Konzept „Wohnen“ liegt nun dem Interessenbekundungsverfahren der Stadt Köln zugrunde, in dem bis zum 31. Juli 2021 Vorschläge eingereicht werden können.

(Wir danken Frau Anja Schmid-Engbrodt für die Erlaubnis zur Veröffentlichung der Presseerklärung und des Vortragsmanuskriptes auf unserer Webseite.)

Die Erhaltungssatzung Müngersdorf von 1988 – immer noch ein Leitfaden!

In den 1970er- und 1980er-Jahren begann das große Aufräumen in der Stadtlandschaft von Köln. Die letzten Fabriken und Industriebetriebe verschwanden aus Stadtteilen wie Ehrenfeld, Kalk, Mülheim oder der Südstadt, die letzten landwirtschaftlichen Betriebe in den Außenbezirken wurden eingestellt. Es begann eine Phase der wilden Umnutzung oder Neubebauung mit langweiligen Wohnsiedlungen oder grotesken Hochhäusern, die alte städtebauliche Landschaften zu zerstören drohten. Für Müngersdorf mit seinem einzigartigen alten Dorfkern zog die Politik 1988 die Reißleine und erließ eine Erhaltungssatzung (Dokument als PDF ansehen).

Karte aus Erhaltungssatzung der Stadt Köln, 1988

In selten eindeutiger Weise wird in dieser Satzung das eigentliche Problem benannt: „Es besteht ein Konflikt zwischen den möglichen Wünschen der Eigentümer, im Erhaltungsgebiet über höhere Ausnutzung oder Nutzungsänderung und die damit verbundenen Änderungen der Bausubstanz den Wert ihrer Grundstücke zu erhöhen, und dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung des alten Ortsbildes.“ Um diesem öffentlichen Interesse Ausdruck zu verleihen, wird in der Präambel der Erhaltungssatzung das Besondere an Müngersdorf herausgestellt: „Der Geltungsbereich der Satzung umfasst den ‚Kernbereich‘ des ehemaligen Dorfes Müngersdorf. Das Gebiet weist eine größere Anzahl baulicher Anlagen auf, die das Ortsbild und die Stadtgestalt prägen und von städtebaulicher, insbesondere geschichtlicher oder künstlerischer Bedeutung sind. Das Gebiet wird als erhaltungswürdig angesehen, da seine unverwechselbare Gestalt das charakteristische Ortsbild Müngersdorf darstellt.“ In Konflikten um Bauprojekte hat sich die Bürgerschaft in Müngersdorf und insbesondere der Bürgerverein Müngersdorf e.V. immer wieder auf diese Satzung bezogen und konnte dadurch eine ganze Reihe von geplanten Bausünden verhindern – siehe z.B. BlickPunkt Müngersdorf Nr. 14, Sommer 2009: „Müngersdorf stellt sich quer“.

Der Petershof liegt mitten im „Kernbereich“ dieser Erhaltungssatzung und ist mit seinen alten Ziegelbauten und beeindruckenden Bäumen prägend für das Bild dieses Dorfes. Aber ein toter und verfallender Hof wirkt wie ein Fremdkörper, wie eine abgeriegelte Festung. Er kann nur im Sinne dieser Satzung „erhalten“ werden, wenn er wieder mit Leben gefüllt wird. Daran arbeiten wir!

Wie der Petershof ein Denkmal wurde

Gerne hätten wir zum Tag des offenen Denkmals am 12. September 2021 die Tore des Petershofs geöffnet und interessierten Menschen von der Geschichte und möglichen Zukunft dieses gut erhaltenen Vierkanthofs erzählt. Solange jedoch das Verfahren zur Vergabe des Hofs in Erbbaurecht durch die Stadt Köln noch nicht abgeschlossen ist, erlaubt sie es keinen der Bewerberinnen das Gelände in irgendeiner Weise zu nutzen. Stattdessen können wir nur auf diese Weise ein wenig über die früheren Nutzungen des Hofs und seine Denkmalgeschichte berichten.

Bei unseren Nachforschungen haben wir Anfang August Karin und Josef Hermanns kennengelernt, die viel mit dem Petershof verbindet. Sie freuten sich über unser Interesse und erzählten uns bereitwillig von ihrer Zeit auf dem Hof. Josef Hermanns leitete von 1968 bis 2001 die Werkstatt des Grünflächenamts, die dort seit 1949 untergebracht war, und die vierköpfige Familie wohnte von 1971 bis 1987 im Obergeschoss des „Weißen Hauses“. Manches, was uns bei unseren Begehungen mit dem Liegenschaftsamt aufgefallen war, wurde nun verständlicher und zu vielen Details erfuhren wir ihre Geschichten. In einer kleinen Bildreportage haben wir sie zusammengestellt:

Petershof Köln-Müngersdorf – Die Hermanns – 1968-2002 (in Bildschirmauflösung, 2,4 MB)

Petershof Köln-Müngersdorf – Die Hermanns – 1968-2002 (in Druckauflösung, 25 MB)

Die Hitler-Jugend im Petershof

Zur dunklen Seite der Geschichte des Petershofs gehört seine Nutzung durch die Hitler-Jugend und gegen Kriegsende wohl auch als Gefangenenlager in der Zeit des Nationalsozialismus. Nachdem wir im Februar 2022 die Schlüssel bekommen hatten, konnten wir uns genauer mit den letzten Spuren dieser Nutzung beschäftigen, auf die uns Mitarbeiter der Schlosserei des Grünflächenamts hingewiesen hatten. Wir haben uns daraufhin mit dem NS-Dokumentationszentrum der Stadt Köln in Verbindung gesetzt, um diesen Teil der Geschichte genauer aufzuarbeiten und eine angemessene Form der Erinnerung und Mahnung schaffen.

Zum Tag des offenen Denkmals am 11.09.2022 haben wir eine erste, noch vorläufige Gedenktafel am Hofeingang und an dem von der Reiter-Gruppe der HJ genutzten Stall angebracht und Führungen durchgeführt. Thomas Roth vom NS-Dok, der intensiv in den vorhandenen Quellen zur Geschichte der HJ im Petershof recherchiert hat, erläuterte seine Ergebnisse in einem sehr informativen Vortrag und stellte sie in den Gesamtzusammenhang der Bedeutung der Hitler-Jugend für das Nazi-Regime. Den Text seines Vortrags mit ausführlichen Quellenangaben hat er uns dankenswerterweise für die Veröffentlichung zur Verfügung gestellt.

Aber vieles liegt noch im Dunkeln und wir sind für jegliche Hinweise dankbar. Der neu gestaltete Petershof soll nicht nur ein Denkmal der Zukunft, sondern auch ein Mahnmal gegen das Vergessen sein:
Nie wieder Faschismus, nie wieder Krieg!